http://www.iacenter.org/warcrime/sgoff.htm, , Übersetzung: Info-Verteiler
US-Special Forces
Diese Rede ist vom 16.2.2000, Stan Goff hat sie für das US/NATO-War Crimes Tribunal zum Jugoslawienkrieg geschrieben.
Ich heiße Stan Goff. Im Februar 1996, am Ende eines unbeschreiblichen Rollenkonflikts, trat ich aus der US-Army aus, in der ich seit Jänner 1970 gearbeitet hatte. Ich verbrachte die meiste Zeit meines Militärdienstes in einem Bereich, der euphemistisch „Spezialoperationen“ genannt wird; das beinhaltet Paratruppen, Ranger, Spezialkräfte und sogenannte antiterroristische Arbeit. Ich begann in Vietnam, danach wurde ich in acht Länder geschickt, die damals als „Konfliktzonen“ bezeichnet wurden. Darunter waren Grenada, Somalia, El Salvador, Kolumbien, Guatemala, Peru und Haiti. Weiters bildete ich Truppen in Panama, Venezuela, Honduras und Korea aus. Ich unterrichtete Militärwissenschaften an der US-Militärakademie von West Point und Taktik an der Dschungelschule der Armee in Panama. In einigen Fällen arbeitete ich unter der direkten Leitung der US-Botschaft.
Also komme ich zu euch als ehemaliges Instrument eines Systems, für das ich keinen Namen habe, von dem ich allerdings weiß, dass es Imperialismus ist. Ich komme zu euch aus dem Bauch der Bestie.
Am Balkan habe ich nicht gearbeitet, und als die Regierung der USA ihre Waffen auf das Volk des Irak richtete, unterrichtete ich gerade eine Einheit von peruanischen Spezialkräften darin, wie man Counter-Guerilla-Operationen effektiver durchführt. Aber das sind alles Fäden desselben Stoffes.
Was ich möchte, dass die Leute hier verstehen, ist etwas über den internen Prozess der Fangzähne dieses Systems. Das gesamte System ist gekennzeichnet von Unterlassungen, Täuschungen und Lügen, und jede einzelne davon, wenn wir sie ansprechen, verflüchtigt sich an der Mauer der Straflosigkeit. Deshalb möchte ich über „Menschenrechte“ sprechen, denn das ist die Fahne, unter der der Imperialismus nun auftritt. Und dieses ganze Gerede über Menschenrechte ist durchzogen von Unterlassungen, Täuschungen und Lügen.
Vor jeder Mission wird den Einheiten von Spezialoperationen eine sogenannte „geheimdienstliche Zusammenfassung“ gegeben. Das ist ein sehr umfassendes und sehr einfaches Dokument, das ausnahmslos als „Geheim“ oder noch geheimer klassifiziert ist. Wenn ich die Einzelheiten dieser Dokumente bekannt mache, kann ich verfolgt werden. Um also meine Bewegungsfreiheit und meine Versammlungsfreiheit zu erhalten, werde ich allgemein darüber sprechen.
Für eine unbestimmte Anzahl dieser Länder erhielten wir in den geheimdienstlichen Zusammenfassungen Dossiers über eine bedeutende Anzahl von Beamten der Zielnation, mit denen wir zusammen arbeiten sollten, betreffend deren Menschenrechtsverletzungen. Die geheimdienstlichen Zusammenfassungen beschrieben bestimmte Fälle von Men­schen­rechtsverletzungen, die von diesen Beamten begangen worden waren, und in einigen Fällen wurde uns mitgeteilt, dass dieses Verhalten vermutlich fortdauere. Unsere Regierung bestimmte unsere direkte Zusammenarbeit mit und unsere Hilfe für bekannte Men­schen­rechtsverletzer in unzähligen Fällen. Unsere Regierung machte das im vollen Bewußtsein darüber, dass unser Wissen und die Profile, die wir sowohl über die Soldaten als auch die Führer hatten, diesen Kräften dabei helfen würden, die Rechte ihrer eigenen BürgerInnen zu verletzen.
Nachdem das nicht Teil der geheim­dienst­lichen Zusammenfassungen war, kann ich über die Sicherheitsagenten sprechen, die Soldaten, die Offiziere in Guatemala, El Salvador, Peru und Kolumbien, die mir persönlich gegenüber damit geprahlt hatten, Zivilisten umgebracht zu haben. Zivilisten, die sie als SympathisantInnen der Guerilla oder Kom­mu­nist­Innen beschrieben. In Peru erzählte mir ein peruanischer Offizier, dass der einzige freundliche Indianer ein toter Indianer sei. Das spricht nicht nur über unser Manko an Besorgnis über die Menschenrechte, sondern wir sollten beachten, dass ich freiwillig mit diesen Anekdoten versorgt wurde. Sie hatten ein bereits bestehendes Niveau an Vertrautheit mit amerikanischen Beratern, das ihnen die stillschweigende Erlaubnis zu geben schien, diese Taten offen zu erwähnen.
Ich möchte nicht über Haiti ins Detail gehen, wohin wir beordert worden waren, um die rechten Todesschwadrone, die als „FRAPP“ bekannt wurden, vor Vergeltung zu schützen. Weiters wurden wir angewiesen, dem Volk von Haiti zu erzählen, dass die FRAPP nun eine legitimierte politische Opposition sei.
Als also die USA plötzlich bezüglich Jugoslawien besorgt waren, vor allem über die Menschenrechte der ethnischen AlbanerInnen im Kosovo, war ich bereits gegen die Wi­der­sprüchlichkeit der Militärs und der großen Medien geimpft, ich musste den Menschen, die von der Wag-the-Dog-Propaganda eingenebelt wurden, sagen:
„Es ist nicht so, wie es scheint. Das ist eine Orgie von Auslassungen, Täuschungen und Lügen.“
Diese Einrichtung wird einen mehr als adäquaten Job machen, indem sie die spezifischen Auslassungen, die spezifischen Täuschungen und die andauernden Lügen wiederholen ... das Ausradieren der serbischen Geschichte, die Dämonisierung eines jeden, der unser offizieller Feind wird, die lange Liste von Faschisten und Heroinhändlern, mit denen unsere Regierung eine Allianz gebildet hat, und sogar die scheinbar wundersame Wiederaufer­stehung von den Toten von hunderttausenden angeblichen Opfern eines Völkermords.
Mein Beitrag ist dies: ich kann unmissverständlich, kategorisch erzählen, dass unsere Aussenpolitik und unser militärisches Establishment – im Widerspruch zu ihren Erklärungen – aktiv Regimes unterstützt, die unverfroren die elementarsten Menschenrechte ihrer eigenen Völker verletzen. Und noch wichtiger, ich bezeuge hier vor euch, dass diese Unterstützung im vollen Wissen um diese Menschenrechtsverletzungen geschieht, und dass es aktive Anstrengungen gibt, sowohl die Verletzungen als auch unsere direkte Kom­pli­zen­schaft zu verheimlichen.
Mein einziger Kommentar dazu ist, dass die Haltung unserer Aussenpolitik und des militärischen Establishments keine Folge von irgendeinem moralischen Versagen ist. Ich denke, das muss unbedingt gesagt werden. Wenn wir annehmen, dass es sich um moralisches Versagen handelt, dann tapsen wir in die Falle, sie mit einer Gegenmoral zu konfrontieren. Smedley Butler, der große Dissident vom Marine Corps, sagte, die Fahne folgt dem Dollar, und die Truppen folgen der Fahne. Die Ver­brechen, die wir hier überprüfen, sollten in diesem Licht betrachtet werden, und wir müssen vor allem das ökonomische und politische System identifizieren, aus dem heraus diese Verbrechen unvermeidlich entstehen. Dieses System ist der US-Imperialismus.
Ich bin stolz, mit Leuten verbunden zu sein, die die Aufgabe der Solidarität mit und die Verteidigung der Opfer dieser anhaltenden imperialistischen Angriffe in Angriff nehmen.