www.el23.net/el23historia.htm: Ceomar Requena;, gekürzt und übersetzt von Info-Verteiler
Der Bezirk 23. Jänner – Geschichte eines Kampfes
Errichtet wurde der damals „2. Dezember“ genannte Komplex in den Jahren 1954-57 unter General Marcos Perez Jimenez, dem Diktator, der sich einfügte in die Gewaltherrschaft in nahezu jedem lateinamerikanischen Land zu dieser Zeit. Die armen Stadtviertel sollten durch große „Superblocks“ ersetzt werden, erbaut in demselben architektonischen Stil einer französischen Vorstadt namens „Le Corbusier“. Nach dem Staatsstreich, der dem Militär ein Ende bereitete, wurde das Viertel „23. Jänner“ genannt.
In dieser großen Wohnanlage wurden 9176 Appartments errichtet, mit insgesamt 38 „Superblocks“ mit 150, 300 und 450 Appartments, jedes Haus mit 15 Stockwerken, und 42 kleinere Blocks sowie 8 Kindergärten, 25 Einkaufszentren, 5 Grundschulen, 2 Märkte und zwei Kulturzentren für eine Bevölkerung von rund 60.000 EinwohnerInnen.
Mit dem Sturz von Perez Jimenez wurden die Appartments besetzt, weil sie bis dahin weder verkauft noch vermietet worden waren. Ich zog mit meiner Mutter und meinem Vater in eine Wohnung im 5. Stock von Block 9 der Zone C von Monte Piedad, früher „La Yerbera“ genannt. Mein Vater wurde durch einen Bauchschuß verletzt, als er am Sturz des Regimes teilnahm. Andere, darunter Herr Benedetti, wurden ermordet. Damit begann die rebellische und revolutionäre Geschichte dieser Anlage.
Wegen ihres kämpferischen Charakters und ihrer Kämpfer wurde diese Anlage zum Ziel aller Regierungen, mit Ausnahme der jetzigen, wie eine „subversive“ Zone, eine „rote Zone“. In diesen Tagen des Drucks und des politischen Kampfes war die PCV die Partei der Avantgarde in der Siedlung. Aber die Realität verläuft anders, denn in unserem Bezirk wird die Einigkeit groß geschrieben, die Einheit für die Organisierung gegen soziale, politische und andere Ungerechtigkeiten. Ich lebe bereits über 45 Jahre in diesem Bezirk. Diesen Status erlangte die Anlage in den 70er Jahren, sie wurde vom Bezirk Sucre, zu dem sie früher gehört hatte, abgetrennt. Und ich bin mir sicher, daß diejenigen, die den „23. Jänner“ verlassen haben, stolz darauf sind, hier gelebt zu haben, wie wir, die wir immer noch hier leben.
Zur Zeit erhalten wir internationale Aufmerksamkeit, weil wir den bolivarianischen Prozeß der tiefen Veränderungen, der durch unseren Präsidenten Hugo Rafael Chávez Frias geführt wird, bedingungslos unterstützen. Täglich führen wir endlose Kämpfe: der Bolivarianische Zirkel Abrebrecha, die Simon Bolivar-Stiftung, die Revolutionäre Bewegung Tupamaros, Remadel, die Organisierte Gemeinschaft von Block 17, die Arbeitsgruppe Piedrita, die Stadtbrigade Ernesto Guevara de la Serna, die Stadtbrigade Abrebrecha, die Koordination Simon Bolivar und andere. Die letztere kopierten die Faschisten für ihre makabre Opposition gegenüber dem revolutionären bolivarianischen Prozeß, und wirklich „kreativ“ nennen sie sich „Demokratische Koordination“ (Coordinadora Democrática), ich würde sie „Dämonische Koordination“ (Coordinadora Demoníaca) nennen.
Alle diese Gruppen, die im „23. Jänner“ aufgebaut wurden, wurden von der Oligarchie verteufelt, um ihre Leute und ihre Klasseninteressen zufrieden zu stellen. Man muß die großen logistischen Fähigkeiten des „23. Jänner“ erwähnen. Er beantwortet und verhindert jeden faschistischen Angriff der Feinde des Vaterlandes und des revolutionären Prozesses. In diesem Bezirk haben wir, im Gegensatz zu der Handvoll reicher Venezolaner, die Massaker, die gegen die community und unsere Führer und sozialen Kämpfer durchgeführt wurden, nie vergessen. Eine der Hauptursachen des Anwachsens dieser Gruppen ist die Notwendigkeit, dem neoliberalen Diktat der Weltbank und ihres Präsidenten Carlos Andres Perez und seinen Lakaien, die alle im Interesse der transnationalen Konzerne agieren, Widerstand entgegen zu setzen. Als 1989 die Armee und die Polizei das Volk in den Straßen abschlachtete, schlossen sich einige tapfere junge Leute zur „Vereinigung für das Leben“ zusammen, und bald darauf gründeten sie die „Brigade der Solidarität mit Sucre“. Seither wurden wir Opfer der Repression des Staates, der ominösen 4. Republik: Gefangene, Gefolterte, zu Unrecht Vertriebene, Verschwundene etc.
Der Staatsstreich vom 11. April 2002 hatte seine Auswirkungen: sie umzingelten das Gebiet des „23. Jänner“ und ließen all ihrem Haß freien Lauf: Gewehre, Maschinengewehre, Panzer, gepanzerte Fahrzeuge wurden gegen unsere Wohnblocks in Bewegung gesetzt, um uns zu überwachen. Aber wir können auch berichten, daß unser Bezirk die Wiege hervorragender Persönlichkeiten der nationalen und internationalen Arena war, wie Prudencio Diaz (ein international bekannter Radfahrer), Ramon Montesuma (Athlet), Eduardo Moral (Wissenschafter im Haus Argel Hernadez), Bernardo „Piñango“ (Boxer der Weltklasse), Jean Carlos Pulido (Baseballspieler), Federico Betancourt (Musiker), Javier Seat (Musiker, derzeit in Deutschland), und viele andere. Wir können auch feststellen, daß wir bisher der einzige Bezirk sind, der ausgesucht wurde, um hier eine Anzahl von cubanischen ÄrztInnen zu stationieren. Und zwar innerhalb eines Planes, der der Gesundheit in den Bezirken mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen soll. Denn bisher gab eskeine derartigen Gesundheitszentren im Bezirk.
Wir können stolz sagen, daß unser „23. Jänner“ internationale Wurzeln hat. Anläßlich eines internationalen Treffens zwecks Solidarität mit der Bolivarianischen Revolution waren Menschen aus allen Teilen der Welt in unserem Bezirk: aus Schweden, Belgien, Spanien, Agentinien, Bolivien, Nicaragua, Kolumbien. Sie waren interessiert an unserem Leben.
Verschiedene patriotische GenossInnen, die in anderen Ländern, wie Belgien oder Spanien, leben, waren hier, und sogar Mitglieder zweier Bolivarianischer Zirkel in diesen Ländern. Was ich noch erwähnen möchte: 1999 haben Leute aus dem Sektor „Monte Piedad“ den Menschen nach der Katastrophe in Vargas1 geholfen. Wir brachten Opfer im Ambulatorium „Sergio Rodriguez“ und in der bolivarianischen Schule „Martin Sanabria“ unter. Die Menschen- und Bürgerrechte sind der höchste ideologische Ausdruck der Revolution, sie basieren auf dem Eigentum, der Sicherheit und der Freiheit, wie Bolivar einmal sagte: „Die Armee ist das Volk in Waffen“.
Die transnationalen Ölkonzerne besitzen den Weltmarkt und die Technologie, wir sagen zu ihnen: wir sind die Arbeit und die natürlichen Ressourcen. „Ängstlich sein heißt vorsichtig sein, aber etwas zu wissen, sich ihm zu stellen und zu gewinnen, das heißt tapfer sein“.
Anmerkung
1 Verheerende Regenfälle führten 1999 dazu, daß mehrere barrios nördlich von Caracas an der Karibikküste zerstört wurden, noch Wochen später wurden Leichen hunderte Kilometer weiter an die Küste angeschwemmt. Man schätzt, daß über 40.000 ums Leben kamen.