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Der Prozeß
Nicht nur Chávez, viele VenezolanerInnen sprechen vom „Prozeß“, oder vom „revolutionären Prozeß“. Damit ist gemeint, daß die Entwicklung seit 1998 in einem größeren Zusammenhang betrachtet werden muß. Die venezolanische Linke (und mit ihr breite Teile der Bevölkerung) denkt dialektisch, historisch-materialistisch: Die gesamte menschliche Entwicklung, hier die Entwicklung in Venezuela bzw. Lateinamerika, ist eine Entwicklung der Produktivkräfte und damit auch eine Entwicklung zum Sozialismus.
Dieser revolutionäre Prozeß, der schlußendlich die gesellschaftlichen Verhältnisse vollständig umkrempeln soll, ist kein linearer. Er ist charakterisiert durch Vorstöße der Revolutionäre und des Volkes, sowie durch Rückschläge, die sie durch die Reaktion erleiden. Und diese Entwicklung läuft seit langem. Viele Venezolaner beginnen bei ihren Schilderungen, wie ihr Präsident, gerne mit den Kriegen gegen die spanische Kolonialherrschaft unter dem militärischen Führer Simon Bolivar. Sie sehen neben ihm aber auch den Intellektuellen Rodriguez und den Bau­ern­führer Zamora als Schlüsselfiguren für die damalige Entwicklung. Damit meinen sie, daß es nicht nur auf den militärischen Kampf ankommt, sondern auch auf die Bildung, aber vor allem auf das Volk.
Dieser Prozeß erlitt noch zu Lebzeiten Bolivars schwere Rückschläge, das eben erst geschaffene Groß-Kolumbien zerfiel nach wenigen Jahren wieder. Interessiert daran waren vor allem die Kolonialmächte sowie die lokalen Bourgeois (damals vor allem Plantagenbesitzer).
Auf die Beseitigung der Diktatur 1958, eine Errungenschaft des venezolanischen Volkes, folgte der Rückschlag der 40jährigen Herrschaft von AD und COPEI. Dagegen ergriffen Gue­ril­lagruppen die Waffen und es gab Bauernaufstände. Der Caracazo 1989 und der Putschversuch 1992 brachten das alte Regime ins Wanken, und mit der Wahl 1998 wurde es vorerst beseitigt.
Auch die Jahre seit 1998 sind gekennzeichnet vom Drang zur Umgestaltung der Gesellschaft durch das Volk und die Versuche der Oli­garchie, den Lauf der Geschichte zu bremsen. Auf den militärischen Versuch, die Regierung zu stürzen, den Venezolaner oft mit Chile 1973 vergleichen, folgte die ökonomische Erpressung durch die Aussperrung, ähnlich den US-Blockaden gegen das befreite Nicaragua. Der nächste Ansatz scheint das Referendum zu sein. Es handelt sich aber dabei wiederum um ein Ablenkungsmanöver, denn die Opposition weiß ganz genau, daß sie das Referendum nicht gewinnen wird.
Was die Bevölkerung in Venezuela erwartet, ist der Aufschrei über Wahlbetrug, den die Opposition nach dem Referendum anstimmen wird, gefolgt von Mordanschlägen auf den Präsidenten und/oder die Einmischung von außen: entweder durch kolumbianische Hilfstruppen und/oder direkt durch eine US-Intervention. Im Frühjahr und Sommer 2003 gab es bereits mehrere Bombenanschläge gegen diplomatische Einrichtungen, um das entsprechende Klima vorzubereiten.
Gegen diese inneren und äußeren Feinde agiert das Volk auf der Straße. Die Regierung agiert nach innen durch die neue Verfassung und die entsprechenden Gesetze. Nach außen werden Verbündete gesucht: Die Lula-Regierung in Brasilien, die Kirchner-Regierung in Argentinien sind mögliche Bündnispartner im Kampf gegen das ALCA-Abkommen, das die USA Lateinamerika aufzwingen wollen, sowie gegen die jeweils eigene Bourgeoisie.
Der Prozeß entwickelt sich am Land und in der Stadt. Die Macht der Großgrundbesitzer, die die einheimische Lebensmittelversorgung praktisch in der Hand haben, wird durch die Förderung landwirtschaftlicher Kooperativen im Rahmen des Landgesetzes unterminiert. Land wird in Venezuela nicht einzelnen Kleinbauern, sondern Kooperationen übertragen. Größere Einheiten wie Kooperativen führen zu besserer Produktivität, gleichzeitig lernen die Bauern, daß die Zukunft nicht im Privateigentum liegt, sondern in der kollektiven Produktion. In den Städten sind es vor allem die barrios, die entwickelt werden:
Plan barrio adentro
Der plan barrio adentro ist ein Programm zur Hebung der Lebensqualität in den armen Vierteln. Die zwei Hauptpfeiler dabei sind zur Zeit das Alphabetisierungsprogramm und das Programm der ärztlichen Grundversorgung. Weiters beinhaltet der Plan den Ausbau von bolivarianischen Schulen (in denen erstmals in Venezuela kein Schulgeld bezahlt werden muß), Sportmöglichkeiten, Rechtsberatung, Sozialarbeit etc. in den barrios. Auch die meist unbefestigten Straßen und Treppen sollen betoniert und Häuser repariert werden.
Mision Robinson
Benannt ist der Plan nach dem Lehrer und Mitkämpfer Simon Bolivars, Simon Rodri­guez, der unter dem Pseudonym „Robinson“ publizierte. Alphabetisierung wird als Voraussetzung dafür betrachtet, daß die Menschen sich politisch betätigen können: einerseits benötigt man einen Paß, um wählen zu können, was wiederum an Alphabetisierung gebunden ist. Andererseits meint die MVR zu Recht, daß nur gebildete Menschen ihr Leben tatsächlich selbst gestalten und ihren Feinden trotzen werden können.
Im Zuge des Plans sollen 1 – 2 Millionen Menschen, darunter auch viele jüngere, alphabetisiert werden. Ein Schwerpunkt liegt auf den barrios, in denen viele Analphabeten leben, es handelt sich aber um ein landesweites Projekt.
Der Plan Robinson beinhaltet, daß jeder Schüler kostenlos 15 – 20 Bücher („Volksbibliothek“) erhält. Darunter befindet sich politische Literatur ebenso wie Geschichtsbücher und die Verfassung. Innerhalb eines Jahres sollen ein bis zwei Millionen Menschen, darunter auch viele jüngere, alphabetisiert werden. Die Betroffenen errichten selbst Zentren, um den Plan umsetzen zu können. Der Plan gilt landesweit, wobei vor allem auf die barrios abgezielt wird.
500.000 „LehrerInnen“ sollen im Zuge dieser Aktion zum Einsatz kommen, darunter auch viele Jugendliche. Voraussetzung für eine Mitarbeit sind drei Jahre Oberstufenausbildung. Die LehrerInnen erhalten, befristet auf drei Monate, ein Gehalt von 340.000 Bolivares (das staatlich festgesetzte Mindesteinkommen liegt derzeit bei 220.000 Boliva­res). An der Einschulung der LehrerInnen arbeiten unter anderen ca. 500 CubanerInnen. Derzeit gibt es bereits 100.000 Venezolaner, die im Rahmen des Plans für Verwaltung und Lehrtätigkeit aktiv sind.
Barrio-Ambulanzen
Die barrios sind traditionell ärztlich völlig unzureichend versorgt. Die wenigsten venezo­la­nischen ÄrztInnen arbeiten in diesen Vierteln, einfach weil die Patienten zu wenig Geld haben. Nun werden von der Regierung in den barrios Ambulanzen eingerichtet, um die grundlegende Gesundheitsversorgung der dortigen Bevölkerung zu gewährleisten.
Auch hier kommen cubanische Freiwillige zum Einsatz. Diese Ärzte, die für ein sehr geringes Gehalt arbeiten, sind bei Anrainern der Ambulanzen untergebracht und leben praktisch mit den barrio-BewohnerInnen zusammen. Bisher wurden damit sehr gute Erfahrungen gemacht, die Menschen sind stolz auf ihre cubanischen ÄrztInnen.
Mercados popular
In den Armenvierteln werden Lebensmittelpakete billig zum Kauf angeboten. Die Auswahl der Pakete soll sicherstellen, daß die Menschen mit ausgewogener Nahrung versorgt werden.
Eigentumsrechte an Grundstücken
In Venezuela gehören alle Grundstücke rechtens dem Staat, auf dem Land wie in der Stadt. Deshalb gibt es zwar Gemurre unter den Großgrundbesitzern, daß ihnen Land gestohlen würde (tatsächlich erhalten sie für die Grundstücke, die enteignet werden, den Marktpreis), reichen aber keine gerichtlichen Klagen ein. Sie wissen, daß sie sich in Wirklichkeit das Land widerrechtlich angeeignet haben und keinerlei gültige Besitztitel vorweisen können.
Mit der Verteilung von Eigentumstitel auf die Grundstücke, auf denen die Häuser der barrio-BewohnerInnen errichtet sind (mehrere tausend solcher Titel wurden bereits übergeben) werden die Ärmsten die ersten legalen Grundbesitzer. Das soll ihnen helfen, sich gegen Spekulanten zu wehren, die bisher einfach die Häuser plattgemacht und die Leute vertrieben haben, wenn sie profitable Geschäfte gerochen haben.
Bolivarianisches Bildungssystem
Neben den bolivarianischen Schulen, die den freien – unentgeltlichen – Zugang zur Grund­schule garantieren sollen, gibt es seit Ende Juli 2003 auch die bolivarianische Volksuniversität, an der kostenlos studiert werden kann.
Auf der Seite des Volkes ...
Gruppen, die den revolutionären Prozeß mittragen
PCV
Die kommunistische Partei Venezuelas steht hinter dem revolutionären Prozeß. Die Partei betont, daß die kommunistischen Prinzipien wichtiger sind als ein rasches Wachstum (Qualität vor Quantität). Zu den Prinzipien zählen folgende Punkte:
Ziel der PCV ist die klassenlose Gesellschaft, d.h. die Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse. Die Revolution ist ein langandauernder Klassenkampf, bei dem es für die revolutionäre Bewegung Auf- und Abschwünge gibt. Für die kommunistische Partei ist es wichtig, auch Rückschläge in der revolutionären Bewegung zu überstehen, ohne inhaltliche Konzessionen an die Bourgeoisie zu machen.
Dieser Prozeß ist u.a. dadurch gekennzeichnet, daß abwechselnd friedliche Auseinandersetzungen und bürgerkriegsähnliche Konfrontationen stattfinden. Die Partei muß also jederzeit auf die Illegalität und den bewaffneten Kampf vorbereitet sein.
Jedes Mitglied der Partei ist verpflichtet, in den Massenorganisationen mitzuarbeiten. Das heißt zur Zeit, daß jedes Parteimitglied in einem bolivarianischen Zirkel aktiv sein muß.
Die Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei darf nicht zur Bereicherung einzelner führen. Mandatare müssen ihr Gehalt an die Partei abführen, weil sie sich dieses Gehalt nicht erarbeiten, sondern im Dienst der Massen, die sie gewählt haben, tätig sind. Sie erhalten im Gegenzug von der Partei ihr Gehalt (dieser Punkt führte dazu, daß bereits einmal ein Mitglied aus der Partei ausgeschlossen wurde, weil es sein Abgeordnetengehalt nicht abliefern wollte).
Die PCV ist derzeit im Parlament nicht vertreten, arbeitet aber eng mit der MVR zusammen. Es wollten bereits prominente MVR-Mitglieder zur PCV überwechseln, was diese aber ablehnte mit der Begründung, daß einerseits die Mitarbeit im MVR zur Zeit vorteilhafter ist und andererseits derartige Übertritte das Verhältnis zwischen MVR und PCV trüben könnten.
Unabhängige Kommunisten
Neben der PCV gibt es kommunistische Kleingruppen, die ebenfalls am revolutionären Prozeß teilnehmen. Sie arbeiten vor allem in den barrios, indem sie Öffentlichkeitsarbeit machen, Demonstrationen organisieren etc. Wir waren erstaunt vom hohen politischen Niveau dieser GenossInnen, die sowohl die Verhältnisse, die Parteien und Gruppen in den verschiedensten Ländern der Welt kennen, als auch eine hervorragende Analyse der Verhältnisse in diesen Ländern vorlegen konnten. Auch diese GenossInnen betonten immer wieder die Notwendigkeit des Klassenkampfes, die Vorbereitung auf die Illegalität und den bewaffneten Kampf und das Vertrauen in die Massen.
3. Camino („Dritter Weg“)
sind Ex-Guerilleros, vor allem in Caracas und Barquisimento aktiv.
Desobediencia
ist eine seit 1989 bestehende Organisation, die sich vor allem für Menschenrechte, gegen den Krieg und für autochthone kulturelle Entwicklungsmöglicheiten der indigenen Bevölkerung einsetzt.
Die Volksbewegung (Movimiento Popular) ist eine Sammlung von Linken (Sozialdemokraten, Kommunisten), die aus der “Causa R” (“R” wie radikal) kommt. Derzeit ist sie nicht sehr stark, sie war vor allem vor 1998 eine wichtige Organisation und hat sich auch an Präsidentenwahlen beteiligt. Eine Abspaltung von dieser Bewegung ist die PPT (Patria para todos).
Eine weitere linke, aber eher kleine Organisation ist die PRV (Partido Revolucionario Venezolano).
Die Volksorganisation Coordinadora Cultural Simon Bolivar
vereinigt die Linken in den barrios (Kommunisten, Sozialisten, Trotzkisten). Sie wird beschuldigt, der legale Arm der Tupamaros-Guerilla zu sein, was aber unsere Gesprächspartner dementieren. Sie wurde sogar einmal bei einer Kundgebung im Bezirk 23 de enero von den Tupamaros angegriffen, leider konnte uns niemand sagen, wieso.
Klandestine Organisationen
In Caracas operiert die Bewegung der Tupamaros, eine klandestine Organisation, die bereits seit langem aktiv ist. Sie organisiert klandestine Kundgebungen, bei denen ihre Mitglieder vermummt und bewaffnet auftreten und sich rasch wieder zurückziehen. In den barrios (z.B. im barrio „23 de enero“, einem großen Stadtteil im Westen mit langer revolutionärer Tradition, der gut organisiert ist) bekämpfen die Tupamaros die Polizei. Sie argumentieren, daß sie den Prozeß verteidigen müssen, weil die Regierung zu schwach ist und zu wenig gegen die Bourgeoisie unternimmt. Weiters greifen sie Kundgebungen der Opposition an. Derzeit sind sie die wichtigste klandestine Gruppe in Venezuela, wenn sie auch gelegentlich von Linken kritisiert werden, die ihre Aktionen für überzogen halten.
Außer der Stadtguerilla unterhalten die Tupamaros auch eine Guerilla in den Bergen, die Frente Zamorana Bolivariano de la Liberacion Nacional. Diese Gruppe, die im Bundesstat Tachira agiert, verhält sich zur Zeit eher ruhig. Sie dürfte auch mit der kolumbianischen FARC zusammenarbeiten.
Daneben gibt es die Frente Bolivariano de la Revolucion, die seit 1995 aktiv ist. Ihr Chef ist Comandante Ezechiel. Diese Gruppe wirft vor allem Bomben – gegen reaktionäre Zeitungsleute und bürgerliche Politiker.
Die Oligarchie
Kleine und mittlere Landwirtschaft hat sich in Venezuela niemals wirklich durchgesetzt, es herrscht Großgrundbesitz einiger weniger vor. Auf Gütern mit 50.000 Hektar und mehr wird vor allem extensive Viehzucht betrieben. Mindestens fünf private TV-Stationen versorgen die Bevölkerung flächendeckend mit Desinformation, was während der Herrschaft der Putschisten auch offen eingestanden wurde (während die Chávez-Minister bereits wieder ihren ersten Ministerrat abhielten, sendeten die TV-Stationen ein Interview mit dem gestürzten Putschistenführer Carmona, in dem dieser behauptete, die Lage unter vollständiger Kontrolle zu haben). Die großen Zeitungen üben sich in derselben Hetzpropaganda, ihre Auflagen sind aber seit der Aussperrung im Winter 2002/2003 stark zurückgegangen, sodaß sie dazu übergegangen sind, Zeitungen einfach zu verschenken. Ebenfalls auf Seite der „Opposition“ stehen die Banken, von denen die meisten privat sind. Das Management in der staatlichen Ölfirma PDVSA wurde inzwischen von der Regierung ausgetauscht, was auch der Gewerkschaft CTV, die ebenfalls am Putsch beteiligt war und vor allem die Angestellten der PDV vertrat, die Basis entzog.
... auf der Seite der Reaktion
Die Kettenhunde der Oligarchie
Im Bundesstaat Apure agieren rechtsextreme paramilitärische Gruppen, die mit kolumbianischen Paramilitärs zusammenarbeiten. Sie führen Angriffe gegen die Tupamaros und die FARC durch, ermorden Campesinos (Kleinbauern), und machen auch verdeckte Aktionen, die den Tupamaros in die Schuhe geschoben werden sollen. Weiters überfallen sie Banken zwecks Geldbeschaffung. Angeblich arbeiten kolumbianische Paramilitärs innerhalb von Bandera Roja.
Wendehälse
Von den – zumindest in ihren Anfängen – linken Parteien haben mindestens zwei eine starke Entwicklung nach rechts gemacht:
MAS
Die MAS (Bewegung für Sozialismus) entstand, wie ihr österreichisches Pendant FÖJ/BfS, gegen Ende der 60er Jahre als Abspaltung von der KP Venezuelas. Grund dafür war vor allem der Einmarsch der Sowjettruppen in die CSSR. Die MAS orientierte sich auf Quantität statt Qualität, was praktisch bedeutete, daß zugunsten einer möglichst großen Organisation zunehmend kommunistische Grundsätze über Bord geworfen wurden. Heute steht die MAS dem revolutionären Prozeß feindlich gegenüber und betreibt zusammen mit der „Opposition“ den Sturz der MVR-Regierung.
Bandera Roja
Ging als eine Strömung aus der Guerilla der 60er und 70er Jahre hervor. 1986 vertrat BR maoistische Positionen (Orientierung auf den langandauernden Volkskrieg). Zu dieser Zeit hatte die Partei fünf Regionalkomitees (in Caracas, im Westen, im Osten, in den barrios und unter den Studenten), sie war die kämpfe­rischs­te Gruppe, unternahm Banküberfälle, Angriffe auf staatliche Organe, Flugzeugentführungen. Sie mußte aber auch harte Schläge hinnehmen, so wurden bei einem Massaker im Osten des Landes 23 Mitglieder der Partei ermordet.
1989 schätzte BR die Situation in Venezuela als objektiv revolutionär ein. Der Volksaufstand in Caracas (Caracazo) im selben Jahr gegen die Regierung Perez wurde aber in Blut ertränkt, ca. 1.000 Menschen wurden während der wochenlangen Auseinandersetzungen von den Sicherheitskräften ermordet. BR gab den bewaffneten Kampf auf und begann, sich an Wahlen zu beteiligen. 1992 geriet die Partei in Widerspruch zu den aufständischen (put­schis­ti­schen) Militärs, weil diese keine kommunistische Ausrichtung hatten. Seither steht die Partei gegen Chávez. BR hat in den letzten Jahren eine starke Entwicklung nach rechts gemacht, sie wurde inzwischen auch aus der RIM (Re­vo­lu­tio­nary International Move­ment, Internationale der maoistischen Strömungen) ausgeschlossen. Populär ist die Partei nach wie vor in der Provinzhauptstadt Cumana. Inzwischen ist sie zu einem linken Aushängeschild der „Opposition“ verkommen, und es wird gemutmaßt, daß die Heckenschützen, die am 11. April 2002 den Putsch eingeläutet haben,BR-Mitglieder waren.
Carapaica
Dubios ist die Gruppe Carapaica. Mit ihrem Namen nimmt sie Bezug auf einen Indigeno im Amazonasgebiet, ihre Ziele und Motive liegen aber im Dunkeln. Bisher ist sie nur durch Überfälle auf Geldtransporter aufgefallen. Es ist daher nicht einzuschätzen, ob es sich um eine linke Gruppierung handelt. Ihre Aktionsgebiete sind Barquisimeto, Maracay, Caracas und Puerto de la Cruz.