Washington Post, 17.4.2003 - Übersetzung: Info-Verteiler, 04/2003
Bei der Rettung von Lynch hatten die Retter freie Bahn, sagt das Personal des Spitals
Die dramatische Rettung von Jessica Lynch aus dem Saddam-Hospital in Nasiriyah vor zwei Wochen war wie ein Hollywood-Film.
Für die irakischen ÄrztInnen, die in dieser Nacht im Spital Dienst taten, war es genau das – Hollywood, ohne die Notwendigkeit echter Action.
„Sie haben eine große Show abgezogen“, sagte Haitham Gizzy, ein Arzt des öffentlichen Spitals, der die gefangene US-Soldaten behandelte. „Es war ein Drama, eine große, dramatische Show“.
Dr. Gizzy und andere Ärzte sagten, daß keinerlei irakische Soldaten oder Milizionäre in der Nacht vom 11. April im Spital anwesend waren, als die Special Forces in Hubschraubern zur mitternächtlichen Rettung kamen.
Viele der Fedayin-Kämpfer sowie die gesamte Führung der Baath-Partei, darunter der Gouverneur der Provinz, waren früher am Tag in das Spital gekommen, hatten Zivilkleidung angezogen und waren geflüchtet, sagten die Ärzte.
„Sie haben ihre Zivilkleidung mitgebracht“, sagte Mokhdad Abd Hassan, der zu dieser Zeit Dienst versah. Er deutete auf grüne Armee-Uniformen, die immer noch am Rasen lagen. „Hier können Sie ihre Militärkleidung sehen. Sie rannten alle davon, am selben Tag“, sagte Dr. Hassan.
Dr. Grizzy sagte „sogar der Gouverneur und der Generaldirektor der Baath-Partei … sie gingen fort, barfuß, in Zivilkleidung“.
Die US-Truppen wurden im Hospital postiert, um es gegen Plünderer abzusichern. Aber als die US-Kommandos kamen, um die Soldatin Lynch zu retten, sagte Dr. Gizzy „gab es keine Soldaten in unserem Spital, bloß das medizinische Personal“.
Soldatin Lynch, 19, eine Angestellte der 507. Wartungskom­panie, wurde gefangen genommen, als ihre Einheit bei Nasiriyah die falsche Richtung einschlug und in einen Hinterhalt geriet.
Die ersten Berichte gaben an, daß sie angeschossen und verletzt wurde und fortfuhr, die irakischen Kämpfer anzugreifen, bis ihr die Munition ausging. Aber die irakischen Ärzte, die sie behandelten, sagten, daß sie Knochenbrüche an den Armen und anderswo hatte und eine „kleine Schädelverletzung“, die sie sich zugezogen hatte, als ihr Wagen umkippte.
„Das war ein Verkehrsunfall“, sagte Dr. Gizzy, „es gab keine Spur von Blut … es gab keine Kugeln oder Schrapnelle oder irgendetwas ähnliches“. Im Spital, sagte er, „erhielt sie eine Spezialbehandlung, besser als die der irakischen PatientInnen“.
Dr. Hassan und andere ÄrztInnen sagten, sie hätten an jenem Abend Dienst gehabt, als „wir neben dem Spital einen Mordslärm hörten. Und den Lärm von Hubschraubern. Dann sagte jemand aus dem Spital, ein Kollege, daß Soldaten durch die Hintertür ins Spital eindringen.“
„Wir kamen überein, im Raum zu bleiben, nicht um zu intervenieren“, sagte Dr. Hassan. Die Soldaten brachen mehrere Türen auf, ehe sie die Soldatin Lynch fanden, dann gingen sie an die Rückseite des Spitals, um die Überreste von neuen US-Soldaten auszugraben, die in flachen Gräbern lagen. Acht von ihnen, aus der Einheit der Soldatin Lynch, waren im selben Hinterhalt getötet worden.